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In einem Ausstellungskatalog (Museum Allerheiligen 1984 und Peter Somm,  ISBN 3-908035-01-5) stehen diese "Feststellungen 1984". Peter Somm schrieb sie bewusst in einer gewissen Anti-Position zu den "hartkantigen" Zürcher Konkreten um Max Bill, von denen er sich abgrenzen wollte. Diese mit 44 Jahren vom Künstler verfassten Feststellungen sind für sein ganzes Werk bis heute gültig.
Feststellungen 1984

Wenn man bei der Betrachtung eines konstruktiven Kunstwerkes zuerst an Zahlen denkt, Farben und Formen vergleicht und nach geometrischen Beziehungen sucht, dann spricht dieses Werk primär den Geist an. Solche Ausdrucksformen entsprechen nicht meiner heutigen Auffassung. Ich arbeite zwar mit streng konstruktiven Mitteln, aber ich will nicht zeigen, dass 2 + 2 gleich 1 + 3 ist. Mein Ziel ist eine konstruktive Kunst, bei der das Rational-Konstruktive immer hintergründiger wird; zwar als Basis bleibt, aber immer weniger zum Inhalt wird.

Diese Vision einer offenen, entmaterialisierten Kunst erfordert den Verzicht auf Umrisse und Formen. Dreiecke, Vierecke und andere Figuren werden rational wahrgenommen und sind wie Teilungen, Verschiebungen, Drehungen und andere geometrische Verfahren nicht dazu geeignet, Gefühle von Weite, Unendlichkeit und Transzendenz zu erzeugen. Auf der anderen Seite lehne ich das völlig unverbindliche, nebulöse Ineinanderfliessen der Farbe ebenfalls ab. Durch das Strukturprinzip der schichtartig gestuften kontinuierlichen Farbreihe vermeide ich sowohl den Eindruck von konstruktiver Härte als auch von diffuser Verschwommenheit.

Kreis und Kreuz sind keine Konstruktionen, sondern kraftvolle Urbilder. Das Licht als Gestaltungsmittel bedeutet Entmaterialisierung und Transzendenz. Anstelle von geschlossenen Flächen wird Durchsichtigkeit und pulsierende Räumlichkeit angestrebt; statt fester Formen fluktuierendes Licht; statt Grenzen Offenheit und statt formaler Spannung feierlich-lapidare Symmetrie, Schwerelosigkeit und Schweben.

Die Spannung liegt im Umschlagen vom Rationalen ins Irrationale, im gleichzeitig Wissenschaftlich-Strengen und Magisch-Geheimnisvollen. Diese Spannung ist auch zeitgemäss, denn sie entspricht neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen (z.B. in Physik und Medizin), welche die Vielschichtigkeit und Hintergründigkeit zahlreicher Phänomene aufzeigen und die Grenzen der analytischen Erklärbarkeit.